75 Jahre Grundgesetz, das war für uns der Anlass im ZeitZentrum Zivilcourage darüber zu sprechen, was der gefeierte Gesetzestext kann. Diskutiert wurde Verbesserungspotential z.B. in der Überarbeitung von Artikel 3 mit Hinblick auf den Schutz vor Diskriminierungen oder der Notwendigkeit der Existenz einer lebenswerten Umwelt.
Die Juristin Franziska Berg beschreibt das Grundgesetz als „präventiv wirksamen Gestaltungsauftrag für eine streitbare und wehrhafte Demokratie“, eine Struktur, die nicht zuletzt durch die Verankerung von wohlfahrtsstaatlichen Prinzipien und Bildungsauftrag zivilen Verfassungsschutz ermöglicht, aber auch einfordert. Denn, so gut ein Gesetzestext auch sein mag, er muss in der gesellschaftlichen Praxis gelebt werden.
Tuğba Uysal, Aktivistin von Generation Postmigration, sieht in den aktuellen Demonstrationen für Demokratie hierfür ermutigende Zeichen. Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsen, weist auf Verfassungsbrüche der Legislative hin, die juristisch sehr wohl verurteilt und dennoch ungeahndete gesetzlich legimitierte Praxis bleiben, weil sie dem gesellschaftlichen Diskurs entsprechen.
Wir tragen also, auch mit einer grundsätzlich guten Verfassung, als Zivilgesellschaft die Verantwortung für ihre Umsetzung. Letztlich sind es die gesellschaftlichen Normen, die darüber entscheiden, ob wir als Gesellschaft dem Auftrag unserer Verfassung entsprechen. Es reicht nicht, sich auf die Verfassung zu beziehen, wir müssen als Gesellschaft für ihre Einhaltung kämpfen.
"75 Jahre Grundgesetz - Ein verlässliches Bollwerk? Für wen und für was?" war eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V. (VNB), Spielfeld Gesellschaft (eine Initiative der Nds. Lotto-Sport-Stiftung) und ZeitZentrum Zivilcourage am 24. Mai 2024.