Landwirt*innen brauchen Planungssicherheit für den Gewässerschutz

Interview

Landwirt Jens Werner hat hier eine rund 60 Hektar große Parzelle gepachtet und möchte nun am Randstreifen eine Öko-Regelung der Europäischen Agrarförderung (GAP) umsetzen. Seine Entscheidung hatte er Anfang des Jahres 2024 erst einmal zurückgenommen. Warum er sich nun doch für eine Stilllegung am Gewässerrand der Grove entschieden hat, erzählt er im Interview.

Blühfläche

Herr Werner, zunächst hatten Sie sich doch gegen einen Gewässerrandstreifen entschieden. Warum?

Es war ein langes Hin und Her mit den EU-Regelungen: Erst hieß es, dass vier Prozent der Ackerfläche stillgelegt werden müssen. Dann wurde diese Regelung ausgesetzt. Doch dann war unklar, was danach kommt. Solche kurzfristigen Regelungen funktionieren nicht für uns Landwirte. Als Landwirte planen wir langfristig, wir müssen z.B. Saatgut im Voraus kaufen. Bei dieser Unklarheit war ich unsicher, was ich tun soll. Ich wollte nicht etwas planen, was dann umsonst gewesen wäre. 

Bei der Regelung, dass vier Prozent der Fläche stillgelegt werden müssen, wären uns ohne Förderung 20.000 Euro flöten gegangen. Das hat mich wahnsinnig gestört, dass einem das vorgeschrieben wird. Naturschutz – das ist alles schön und gut, aber jemand muss das bezahlen. Und ich hoffe, dass nicht ich als Landwirt das bin. Ich muss ja auch für meine Miete und Mitarbeiter aufkommen. 

Die vier Prozent Regelung kam nicht. Warum legen Sie den Randstreifen nun doch still?

Weil ich Geld dafür bekomme! Das lohnt sich! Es ist nun eine freiwillige Maßnahme: Ich kann die Fläche stilllegen, muss aber nicht. Auf der Fläche, die jetzt brach gelegt wird, sind die Bedingungen eh nicht so gut, deswegen eignet sie sich gut dafür. Dafür bekomme ich 1.300 Euro pro Hektar. Da ich auf drei Metern bis zum Gewässer nicht düngen und Pflanzenschutzmittel einsetzen darf, ist es also eine Win-Win-Situation.

Was bringt so ein Randstreifen noch?

So ein Randstreifen fördert die Artenvielfalt. Zwar zieht der Raps, den ich da bisher angebaut habe, viele Bienen an. Aber auf der brachliegenden Fläche werden sich nun verschiedene Pflanzen ansiedeln, so dass dann auch mehr unterschiedliche Insektenarten dort leben können. 

Was heißt das nun konkret, wenn Sie den Randstreifen stilllegen?

15 bis 90 Meter vom Gewässerrand wurden nun nach der Ernte der letzten Hauptfrucht abgemäht und werden dann dieses Jahr nicht mehr beackert. Wir machen gar nichts mehr damit. Da wächst jetzt einfach, was da halt so wächst. 

Gewässer schützen geht nur mit Landwirt*innen gemeinsam: Das Gewässer Grove in Nordostniedersachsen gehört zum Modellgewässer des BUND-Projekts „Kurs auf Blau-Grün“. 

Mehr Planungssicherheit für den Gewässerschutz, fordert Susanne Gerstner, Vorsitzende des BUND Landesverband Niedersachsen

„Viele Gewässer in Niedersachsen sind in einem schlechten ökologischen Zustand. Zwar existiert mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie seit Jahrzehnten ein wichtiges Instrument zum Schutz und zur Entwicklung unserer Gewässer, Niedersachsen hinkt bei  der Umsetzung jedoch nach wie vor weit hinterher. Dabei spielen unsere Flüsse und Bäche mit ihren Ufern eine herausragende Rolle für den Natur-, Arten- und Gewässerschutz. Ausreichend breite und naturnahe Uferstreifen schützen vor schädlichen Einträgen, sind wichtige Lebensräume und Wanderkorridore für viele Tierarten. Mit den gesetzlichen Regelungen im Niedersächsischen Weg ist ein erster Schritt gemacht, um unsere Gewässer besser zu schützen. Das reicht aber noch nicht aus. Notwendig sind geeignete Förderprogramme, um die Artenvielfalt und die Biotopvernetzung vor Ort weiter zu stärken. Der Austausch mit  Landwirtinnen und Landwirten zeigt: Viele wollen freiwillig Maßnahmen für mehr Gewässerschutz durchführen, z.B. durch Blüh- oder  Altgrasstreifen am Gewässerrand. Doch noch sind die Hürden zu hoch. Es braucht einen klaren und durchschaubaren Ordnungsrahmen, eine längerfristige Förderung, die mehr Planungssicherheit bietet und höhere finanzielle Anreize. Gemeinsam mit der Landwirtschaft wollen wir praktikable Lösungen für mehr Artenvielfalt in der Landschaft erreichen und die Ziele des Niedersächsischen Weges in die Fläche bringen."