Was steckt hinter dem Begriff "Klimagerechtigkeit"?
Die folgenden neun Grundbegriffe, wie z.B. Machtverhältnisse und Soziale Gerechtigkeit, stehen in Zusammenhang mit Klimagerechtigkeit. Die Erläuterungen der einzelnen Begriffe erleichtern den Einstieg in das Thema Klimagerechtigkeit.
1. Klimagerechtigkeit
2. Globaler Süden und Globaler Norden
3. Machtverhältnisse und Kolonialisierung
4. Landenteignung und Landgrabbing
5. Klimaschulden
6. Soziale Gerechtigkeit
7. Sexismus
8. Klassismus
9. Umweltrassismus
1. Klimagerechtigkeit
„Der Begriff Klimagerechtigkeit beschreibt die Klimakrise als gesellschaftliche Krise, die global und intersektional betrachtet und bekämpft werden muss." Am stärksten von der Klimakatastrophe betroffen ist der Globale Süden, obwohl er am wenigsten für die Folgen des Klimawandels verantwortlich ist. Diskriminierung und die Anerkennung gleichwertiger Lebensbedingungen spielt entsprechend im Kampf gegen den Klimawandel eine große Rolle. Die Expertise von POC (nicht weiße Menschen) ist für die Debatten rund um die Klimakatastrophe daher zentral für ein klimagerechtes Handeln.
2. Globaler Süden und Globaler Norden
Die Bezeichnung „Globaler Süden“ hat die bisherigen Begriffe „Entwicklungsländer“ oder „Schwellenländer“ abgelöst, die durch eine hegemoniale Perspektive geprägt sind. Es handelt sich dabei nicht nur um eine geographische Zuordnung, sondern auch um eine Identitätszuschreibung.
Ein Großteil der Menschen, die von Armut und Hunger betroffen sind, leben in Ländern des Globalen Südens. Ihre größte Nahrungs- und Einkommensquelle ist in der Regel die Landwirtschaft. Die ökologischen Krisen, ausgelöst durch den Klimawandel, haben bereits jetzt schwere Folgen für die Menschen des Globalen Südens. Da ihnen die Strukturen und Ressourcen zur Bekämpfung des Klimawandels fehlen, ist davon auszugehen, dass die Auswirkungen immer drastischer spürbar werden.
Der Globale Norden hingegen hat die nötigen Strukturen und Ressourcen zur Bekämpfung des Klimawandels. Doch vor allem trägt dieser mit Massenkonsum und einem hohen Energieverbrauch am stärksten zum Klimawandel bei. Es entsteht ein ungerechtes Machtverhältnis.
3. Machtverhältnisse und Kolonialisierung
Die Begriffe „Globaler Süden” und „Globaler Norden” beschreiben die Macht- und Unterdrückungsstrukturen auf globaler Ebene. Der Globaler Süden befindet sich in einer politisch und wirtschaftlich benachteiligten Position. Dieser Zustand ist auf die Kolonialzeit und die damit verbundene Ausbeutung durch den Globalen Norden zurückzuführen.
4. Landenteignung und Land Grabbing
Landenteignungen begannen bereits mit dem Kolonialismus. Durch eine ausbeuterische Bewirtschaftung und den Klimawandel sind große Teile an Land und Boden unfruchtbar geworden. Auch heute werden immer wieder Menschen im Globalen Süden um ihr fruchtbares Land gebracht, dass dann bspw. für den Anbau von Luxusprodukten des Globalen Nordens, wie Kaffee und Kakao, genutzt wird. Die Einheimischen verlieren dadurch ihre Nahrungs- und Einkommensquellen.
5. Klimaschulden
Der Begriff „Klimaschulden“ beschreibt das Verantwortungsverhältnis für die Folgen der Klimakatastrophe.
Der Globale Norden schuldet dem Globalen Süden eine Entschädigung bzw. Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels, da die sog. Industrieländer Hauptverursacher der Treibhausgase sind. Eine zentrale Forderung zielt darauf, dass alle Industrieländer in einen globalen Fonds einzahlen sollen, auf den nur die Länder des Globalen Südens Zugriff haben. Der Globale Süden würde weniger Schaden erleiden und hätte die Chance als aktiver Akteur seine Position in der internationalen Debatte zu vertreten.
6. Soziale Gerechtigkeit
Soziale Gerechtigkeit ist ein vieldimensionales politisches Ziel, bei dem es darauf ankommt, mehrere konkurrierende Gerechtigkeitskriterien z.B. Leistungsgerechtigkeit, Chancengleichheit und Bedarfsgerechtigkeit in Einklang zu bringen. Der Begriff „Soziale Gerechtigkeit“ umfasst die Forderung nach gerechten Lebensbedingungen für alle Menschen.
7. Sexismus
„Sexismus“ bezeichnet die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht. Betroffen von Sexismus sind besonders FLinta (Frauen, Lesben, intersexuelle, nichtbinäre, transsexuelle und agender Menschen).
Weltweit sind bis heute viele FLinta abhängig von der Einkommensquelle eines Cis-Mannes (Geschlechtsidentität entspricht dem bei der Geburt zugewiesenen männlichen Geschlecht). Entsprechend beeinträchtigt der Klimawandel Frauen* stärker als Männer - vor allem in agrarisch geprägten Ländern des Globalen Südens. Die Machtstrukturen im Globalen Süden schränken meist die Arbeits- und Handelsmöglichkeiten der Frauen* ein. So ist es ihnen* z.B. in Kenia nicht erlaubt das Land ihres Ehemannes oder Bruders zu erben.
Durch die Sorgearbeit verfügen sie über keine Ressourcen, um sich aktiv in den Kampf gegen den Klimawandel einzubringen.
8. Klassismus
Der Begriff „Klassismus“ beschreibt die Diskriminierung aufgrund von sozialer Herkunft oder Verortung. Die Diskriminierung hat zur Folge, dass Menschen ausgebeutet und ausgegrenzt werden.
Die Klimakrise trifft Menschen im Kapitalismus sehr unterschiedlich. Betroffene von Klassismus leiden speziell unter den Folgen des Klimawandels. Ihnen fehlen die nötigen Ressourcen zur Bekämpfung des Klimawandels und sie sind unterrepräsentiert in der Klimabewegung.
9. Umweltrassismus
„Umweltrassismus beschreibt die überdurchschnittliche Belastung von BI*PoC (Black, Indigenous, People of Color) Communities durch Umweltverschmutzung. Diese geht auf rassistische Politik zurück.“ (Imeh Ituen) Umweltrassismus ist ein Begriff der vor allem in den 70er/80er Jahren von Schwarzen Umweltaktivist*innen geprägt wurde.
Der Umweltrassismus zeigt sich deutlich an der fehlenden Sichtbarkeit an BI*POC Akteur*innen in der Klimabewegung oder in der Berichterstattung der Medien. Klimaaktivst*innen, wie z.B. die Schwedin Greta Thunberg sind deutlich präsenter in der Öffentlichkeit als z.B. die ugandische Klimaaktivisten Vanessa Nakate.