Digitalisierung: Künstliche Intelligenz und Wasserverschwendung

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Digitalisierung ermöglicht neue Formen der Mobilität, des Wohnens und Arbeitens. Der steigende Energieverbrauch und der Wasserbedarf etwa für Künstliche Intelligenz ist jedoch auch eine ökologische und soziale Herausforderung.

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Wo durch Konsum in Deutschland am meisten blaues Wasser verbraucht wird, in Millionen Kubikmetern pro Jahr
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Auch durch Digitalisierung steigt der Verbrauch von Wasser, zum Beispiel für Rechenzentren oder die Herstellung elektronischer Geräte wie Handys

Digitaler Wasserfußabdruck

Um Daten verarbeiten zu können, braucht es eine physische Infrastruktur. Dazu gehören Geräte wie Laptops und Handys, Netzteile und Ladegeräte, Sensoren, Übertragungsnetze und vor allem Rechenzentren. Dort wird ein Großteil der weltweiten Daten gespeichert, verwaltet und verteilt. Während der CO₂-Fußabdruck als Indikator für Nachhaltigkeit auch im Bereich Digitalisierung mittlerweile ins Bewusstsein gerückt ist, wird der digitale Wasserfußabdruck bisher weitgehend übersehen – obwohl der Betrieb von Rechenzentren große Mengen Wasser erfordert. Dieser Wasserfußabdruck ergibt sich aus drei Aspekten. Er umfasst erstens das Wasser, das zur Herstellung von Geräten nötig ist, zweitens das Wasser, mit dem Strom für den Betrieb der digitalen Infrastruktur erzeugt wird, und drittens das Wasser, das in Rechenzentren zur Kühlung dient, um eine optimale Betriebstemperatur der Hardware sicherzustellen. Pro Tag verbraucht ein durchschnittliches Rechenzentrum in den USA mehr als 1 Million Liter Wasser – so viel wie drei durchschnittlich große Krankenhäuser zusammen. 

Wasseratlas 2025

Der Wasseratlas 2025

Wasser ist lebenswichtig, doch Übernutzung, Verschmutzung und Klimawandel bedrohen die Vorräte. Besonders Industrie und Landwirtschaft bieten großes Potenzial für wasserschonendere Systeme, erfordern aber Veränderungsbereitschaft. Der Wasseratlas 2025 von Heinrich-Böll-Stiftung und BUND informiert über den Schutz von Wasserökosystemen und das Menschenrecht auf Wasser.


Kryptowährungen belasten Wasser

Die Kühlung von Rechenzentren ist unabdingbar, um eine lange Lebensdauer der Hardware zu gewährleisten. Bei einer häufig genutzten Kühlart wird das Wasser zunächst in einem zentralen Kühlturm gekühlt. Dann zirkuliert es durch Kühlschlangen, die Wärme aus der Luft im Rechenzentrum aufnehmen und über den Kühlturm an die Außenwelt abgeben. Laut einer Untersuchung der chilenischen Wasserbehörde verbraucht ein Rechenzentrum allein für die Kühlungsprozesse mitunter bis zu 169 Liter Trinkwasser – pro Sekunde. Seit einiger Zeit finden Systeme mit sogenannter Künstlicher Intelligenz (KI) wie der Chatbot ChatGPT immer größere Verbreitung: algorithmische Systeme, die Entscheidungen nicht durch klassische Programmierung treffen, sondern durch maschinelles Lernen. Dafür werden sie mit großen Datenmengen trainiert. Weil solche Systeme sehr viele Rechenkapazitäten benötigen, sorgen sie auch für steigenden Wasserverbrauch der Datenzentren. Während 20 Google-Suchen 10 Milliliter Wasser benötigen, verbraucht ChatGPT einen halben Liter Wasser für 20 bis 50 Fragen. Aber nicht nur die Nutzung von KI führt zu Wasserverbrauch. Beim Training des ChatGPT-Modells GPT-3 in den Rechenzentren von Microsoft in den USA verdampften beispielsweise bis zu 700.000 Liter sauberes Frischwasser. Der steigende Wasserverbrauch durch KI zeigt sich auch daran, dass Technologiekonzerne immer mehr Wasser aus dem Trinkwassernetz entnehmen: Im Jahr 2022 hat Google rund 20 Prozent und Microsoft 34 Prozent mehr Wasser als noch 2021 verbraucht. Bereits im Jahr 2027 wird KI weltweit bis zu sechs Mal so viel Wasser wie Dänemark verbrauchen. Auch Kryptowährung hat einen großen Wasserfußabdruck: Mit dem Wasser, dass eine einzige Bitcoin-Transaktion verbraucht, lässt sich ein ganzer Swimmingpool befüllen.

Leitbild der Kreislaufwirtschaft WASSERATLAS 2025 / BMUV
Eine Kreislaufwirtschaft kann Wasserverbrauch senken: durch Recycling, Wiederverwendung und effiziente Ressourcennutzung in Produktion und Konsum

KI und Gerechtigkeit

In vielen Regionen ist es bereits zu Protesten gegen den Bau von Rechenzentren gekommen – vor allem in Gegenden, die bereits stark von Wasserknappheit betroffen sind. Ein Beispiel ist Uruguay. Dort führten geringe Niederschläge und extreme Hitze im Jahr 2023 dazu, dass die wichtigsten Stauseen des Landes austrockneten. Die Behörden entnahmen daraufhin Wasser aus dem Mündungsgebiet des Rio de la Plata, wo sich Meerwasser mit Süßwasser vermischt und Leitungswasser dadurch einen salzigen Geschmack erhält. Ins Visier des Protests geriet die geplante Ansiedlung eines Rechenzentrums von Google, von dem befürchtet wurde, es könne die Wasserknappheit verstärken. Demonstrierende warfen der Regierung vor, die Wasserversorgung transnationaler Konzerne auf Kosten der Bevölkerung zu priorisieren. Dieser Konflikt zeigt, dass die ökologischen Folgen von KI eng mit Fragen der Verteilungsgerechtigkeit verbunden sind. Mittlerweile haben die Behörden die Ansiedlung des Rechenzentrums von Google genehmigt – jedoch mit nur einem Drittel der ursprünglich geplanten Kapazität und einem vergleichsweise wassersparenden Luftkühlungssystem. 

Weltweite Nutzung von blauem Wasser aus Oberflächen- und Grundwasser, je Stromerzeugungsart in Liter pro Megawattstunde
Fossile Energie: schadet dem Klima, schluckt viel Wasser. Erneuerbare wie Photovoltaik oder Windkraft senken CO2-Emissionen und verbrauchen wenig Wasser

Wassermanagement in Rechenzentren

Während vor allem Unternehmen im Globalen Norden von Technologien wie KI profitieren, treffen die ökologischen und sozialen Folgen vor allem den Globalen Süden. Die öffentliche und wissenschaftliche Debatte steht bei der Frage, wie sich das ändern lässt, noch am Anfang. Im Jahr 2024 hat die Europäische Union (EU) den sogenannten AI Act verabschiedet. Es ist das weltweit erste Gesetz zur Regulierung von KI und sieht Dokumentationspflichten für den Energieverbrauch und die Rechenressourcen für das Training von KI-Modellen vor. Allerdings umfasst die Dokumentationspflicht nicht den Wasserverbrauch, weil sie nur die KI-Produkte reguliert und nicht die technische Infrastruktur, die dafür nötig ist. Für Rechenzentren gelten durch die EU-Energieeffizienzrichtlinie immerhin Berichtspflichten über den Wasserverbrauch, was zumindest mit Blick auf europäische Rechenzentren die Transparenz verbessert. Um das Problem weltweit anzugehen, muss sehr viel stärker in Maßnahmen investiert werden, die den Wasserbedarf verringern – zum Beispiel alternative Kühlsysteme oder Möglichkeiten zur Nutzung von Regenwasser oder Meerwasser.