Selbstorganisierte Selbstorganisation - Beteiligung an der Endlagersuche

Hintergrund

Die Endlagersuche für den deutschen Atommüll soll partizipativ, wissenschaftsbasiert, transparent in einem „lernenden Verfahren“ vom Volk selbst gestaltet werden. Ein Erfahrungsbericht über die Anfänge.

Gorleben 2010 - Atomkraft? Nein Danke!

Wie gefährlich ist radioaktive Strahlung der Stärke 5 mal 1017 Becquerel? Wie lang dauern eine Million Jahre? Und wie viel sind 27.000 Kubikmeter?

Um keine falschen Erwartungen zu schüren: Die Antworten muss ich schuldig bleiben. Mein Handwerkszeug als Journalist ist zwar die Frage an den Fachmann. Aber an dieser Stelle hilft auch dies nicht weiter. Denn die Zahlen illustrieren ein Problem, dass sich der menschlichen Vorstellungskraft entzieht: 27.000 Kubikmeter Atommüll mit einer Strahlung von bis zu 5 mal 1017 Becquerel je Kubikmeter müssen für eine Million Jahre sicher in einem Endlager verwahrt werden.



Um wenigstens ein Gefühl für die Dimension dieser Aufgabe zu bekommen: Das älteste bekannte menschliche Grab in Mitteleuropa ist 20.000 Jahre alt. In Deutschland gilt ein Richtwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Innenraum, was 1.000.000.000.000.000 mal weniger ist als das, was eine Million Jahre sicher verwahrt werden muss. Der Salzstock Gorleben wurde dafür 1977 von der Politik als „bester Standort“ bestimmt. Deshalb sollen diesmal die Bürger:innen ran: Das jahrzehntelange Festhalten am Salzstock zeigt, dass die Politik der Aufgabe nicht gewachsen ist. Gorleben – das wissen wir heute - ist eben nicht sicher, was schon der Widerstand im Wendland in detaillierter Kleinarbeit nachgewiesen hatte.



Klar ist, dass „unser“ Müll irgendwo hin muss. Klar ist auch, dass die Sache eilt: Derzeit lagert der Strahlenabfall in sogenannten „Castoren“ – und diese zumeist in „Zwischenlagern“ an den Standorten der Atomkraftwerke (AKW). Weil die AKW aber jetzt nach dem Atomausstieg im nächsten Jahr zurückgebaut werden, müssen mittelfristig auch diese Zwischenlagerplätze aufgelöst und einer langfristigen Lösung zugeführt werden.



Die Politik hat dafür einen neuen Rahmen gesetzt: Nach zwei Jahren Arbeit veröffentlichte 2016 die „Endlagerkommission“ Kriterien für eine Suche einer Atommüll-Deponie; eine Suche, die keinen Standort mit den Gesteinsarten Salz, Ton oder Granit von vornherein ausschließt. Damit war die „weiße Landkarte“ geboren: Mittels elf Kriterien soll im deutschen Untergrund ein Endlager mit „bestmöglicher Sicherheit“ gefunden werden, vor allem geologische Voraussetzungen wie Stabilität und Wasserundurchlässigkeit sind maßgeblich. Auch wurde das Verfahren für die Öffentlichkeitsbeteiligung bestimmt, diesmal soll die Suche transparent zugehen, Zwischenergebnisse auf „Konferenzen“ öffentlich erörtert werden. Im Abschlussbericht der Endlagerkommission kommt 181 Mal der Wortstamm „Transparen(z)(t)“ vor.



Im September 2020 war es dann soweit: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung BGE stellte ihren 444-Seiten starken „Zwischenbericht Teilgebiete“ vor, der aus der „weißen Landkarte“ eine bunte machte: Weite Teile Nord- und Mitteldeutschlands könnten genauso geeignet sein, wie Bayern, Württemberg und Südhessen. 54 Prozent des bundesdeutschen Untergrunds erscheinen prinzipiell als Atomklo der Republik in Frage zu kommen.

Ein miserabler Auftakt für Beteiligung

Auf einer zweitägigen Wochenend-Veranstaltung – pandemiebedingt natürlich online – erläuterten Expert:innen Mitte Oktober, wie sie zu diesem Ergebnis gekommen sind - und das weitere Vorgehen. Ich verfolgte als Journalist diesen Auftakt der Öffentlichkeitsbeteiligung, für das Magazin Zeitzeichen sollte die Frage beantwortet werden, warum sich die evangelische Kirche bei der Suche nach einem atomaren Endlager engagiert (interessanterweise ist der katholischen Kirche das Thema scheinbar egal, jedenfalls ist sie nicht mehr präsent). Die Veranstaltung war am Sonntag zäh wie Schneckenschleim, der Moderator säuselte Sätze wie: „Es könnte nützlich sein, noch weitere Vorschläge zu sammeln“, eine Reihe von Abstimmungen wurde durchgeführt, deren Inhalt und Sinn nicht immer nachvollziehbar oder schlüssig waren, Rückfragen wurden nicht zugelassen, Dialog war nicht vorgesehen. Und plötzlich wurde kurz vor Ende die Wahl einer Vorbereitungsgruppe aufgerufen: eine Gruppe von zwölf Menschen, welche die erste „Fachkonferenz Teilgebiete“ organisieren soll - jeweils drei Vertreter:innen der Kommunen, der Wissenschaft, der Bürger und der gesellschaftlichen Gruppen.



Du musst es besser machen, dachte ich damals, so jedenfalls wird das nichts mit Transparenz und Bürgerbeteiligung. Ich kandidierte selbstbewusst und wurde zu einem der zwölf Vorbereiter:innen gewählt. Ein Schritt, den ich später nicht nur einmal bereute.



Zwölf Menschen trafen sich also Ende Oktober erstmals pandemiebedingt natürlich via Zoom: eine Umweltdezernentin, ein Abiturient, eine Trainerin für gewaltfreies Handeln, ein ehemaliger Minister, Expert:innen, die sich seit Jahren mit der Endlagerung befassen. Die ersten Wochen brauchte die Gruppe, um zu klären, wie sie Entscheidungen treffen will. Einfache Mehrheitsabstimmung? Systemisches Konsensieren oder flexible Konsensfindung? Zwischenzeitlich standen zehn verschiedene Abstimmungsmodi im Raum. Einmal bedeutete Handheben „ich bin dafür“, das andere Mal „ich habe Widerstand dagegen“. Zwei Hände heben bedeutete „sehr viel Widerstand“ und weil via Computerschalte in Corona-Zeiten nicht ganz eindeutig war, wer welche Hand dafür oder dagegen hob, wurden entsprechende Eingabetasten am Endgerät diskutiert.

Handheben – dafür oder dagegen

Wie aber sollen zwölf Menschen darüber abstimmen, wie abgestimmt werden soll, wenn es zehn verschiedene Modi gibt? Mit wenig gehobenen Händen (also mit dem kleinsten möglichen Widerstand)? Mit viel gehobenen Händen (also der einfachen Mehrheit)?



Zudem war unklar, was eigentlich Ziel der Gruppe ist: Auf der einen Seite befanden sich Vertreter:innen, die fest entschlossen waren, ein demokratisches Suchverfahren für das deutsche Atomendlager zu entwickeln. Auf der anderen Seite waren jene, die lediglich den 444-Seiten starken „Zwischenbericht Teilgebiete“ erörtern wollten – so wie es das „Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle“ ursprünglich vorsieht, das sogenannte „StandAG“.



Persönlich befand ich mich zwischen beiden Enden: Erörterungstermine haben etwa so viel Charme wie Planfeststellungsverfahren und ihr Erkenntnisgewinn ist überschaubar. Andererseits sind drei Monate Vorbereitungszeit sehr begrenzt zur Entwicklung eines demokratischen Suchverfahrens. Mir schwebte eine Fachkonferenz „dazwischen“ vor: mehr Konferenz als Erörterungstermin, also Wissensvermittlung und wissenschaftliche Diskussion auch über den Zwischenbericht hinaus. Also weniger Verfahrenssuche zugunsten von mehr fachlicher Begleitung dieser Suche. Denn diese „AG Vorbereitung“ sollte (nach meinem Verständnis) die Grundlage dafür schaffen, dass ein basisdemokratischer Prozess in Gang gesetzt wird, bei dem nicht wir (die AG Vorbereitung) den Kurs bestimmt. Unser Job sollte vielmehr sein, ein Steuerruder, einen Sektanten und einen Motor zu installieren, und dann die Crew einzuladen, die selbst den Kurs bestimmt.



Nach vier Woche Grundlagendebatte und zunehmenden Angriffen auch aus der Öffentlichkeit war ich derart zermürbt, dass ich mein Mandat niederlegen wollte. Allerdings kam ich nicht dazu: Fünf andere aus der AG waren schneller, Anfang Dezember war die Gruppe auseinandergebrochen, der Frust groß, die „AG Vorbereitung Fachkonferenz“ stand vor ihrem Ende.  



Überraschenderweise brachten die Nachrücker – unter anderem ein Elektriker, ein stellvertretender Landrat, ein Kommunikationsexperte - unglaublich viel Schwung in die Gruppe. Jetzt, dachten wir, würde die Arbeit zum – wie es im StandAG“ heißt - „partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahren“ zur Suche eines Endlagers gelingen. Aber da erst zeigten sich die Fehler im System.

Die eigene Geschäftsstelle als Bremser

Am virtuellen Tisch saßen jetzt auch Vertreter der „Geschäftsstelle“, unserer Geschäftsstelle, die vom Gesetzgeber vorgesehen worden war, um uns die praktische Arbeit zu erleichtern. Einerseits hatten wir jetzt eine professionelle Moderatorin und eine Protokollantin – was unsere Arbeit enorm erleichterte. Andererseits hieß es jetzt aber oft „das geht nicht!“ Immer dann, wenn die „AG Vorbereitung“ ganz konkret ihre Vorstellungen der Fachkonferenz vortrug, gab es Steine, die den Weg versperrten.



Einige Beispiele: Der Zeitplan ist viel zu knapp, die AG-Vorbereitung will den Sitzungstermin verschieben! „Das geht nicht, der Raum ist schon bestellt“. Wir wollten nicht mit den Moderatoren aus dem ersten Termin zusammenarbeiten, schließlich lief das nicht so gut, die Gesichter erschienen uns verbraucht. „Das geht nicht, die sind vertraglich an uns gebunden“. Kann eine Erörterung des „Zwischenbericht Teilgebiete“ nach § 9 StandAG eigentlich auch ohne Präsensveranstaltung durchgeführt werden? Das müssen wir klären, ein Rechtsgutachten wäre hilfreich! „Das geht nicht, dafür gibt es keine Mittel.“



Ein Leitsatz aus Design und Architektur lautet: Die Form folgt der Funktion. An der Form der vorzubereitenden Konferenz aber konnten wir nichts Wesentliches ändern, die sollte just wie in der Auftaktveranstaltung aussehen – mit allenfalls minimalen Korrekturen. Datenschutz, deutsches, europäisches Vergaberecht, Bundesgesetze:

Tatsächlich tauchte eine ganze Flut von Gründen auf, die „Selbstorganisation“ strukturell unmöglich machen.

Einerseits von den „Müttern und Vätern“ des „StandAG“ gewollt, drohte diese Selbstorganisation andererseits an den Vorgaben des „Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung“ BASE zu zerschellen. Selbst organisieren konnten wir jedenfalls weder den Raum, noch den Rahmen noch die Moderation oder den Termin. Und die Pandemie verschlimmerte die Situation noch: Wir hatten uns beispielsweise schnell auf der Plattform Zoom getroffen, einem Videokonferenztool eines US-amerikanischen Softwareunternehmens mit Sitz im kalifornischen San José. Der Bund allerdings hatte Vorbehalte gegen diesen Anbieter, nutze Zoom deshalb nicht. Deshalb verfügte die Geschäftsstelle über keinerlei Erfahrungen – und bestellte prompt ein Paket, das auf 100 Teilnehmer:innen begrenzt war, obwohl sich deutlich mehr Interessierte angemeldet hatten.    

AG Vorbereitung
AG Vorbereitung plus weitere Akteure während einer Sitzung

Viele hundert Stunden ehrenamtlich

Wir tagten jetzt mehrmals die Woche, auch an den Weihnachtsfeiertagen, zudem jeden Mittwoch öffentlich. „Ihr seid nur ein Feigenblatt“, lautete allmittwöchlich in den öffentlichen Sitzungen der Vorwurf. Und von außen betrachtet erschien dieser auch berechtigt: Weil der Leiter der Geschäftsstelle mit am virtuellen Verhandlungstisch saß, verfügte er über dieselben Rederechte wie die AG Vorbereitung. Und so konnte er jede Kritik am Verfahren oder am Bundesamt BASE mit Floskeln wie „ich bitte um Verständnis“ oder „da bitte ich um Nachsicht“ kontern – ohne das den Kritiker:innen ihrerseits die Chance zur Replik ausreichend zur Verfügung stand.

Die Selbstorganisation war auch institutionell unzureichend.

Denn die „AG Vorbereitung“ konnte sich in der interessierten Öffentlichkeit nicht als das präsentieren, als das sie sich selbst verstand: Als Dienstleisterin für die interessierte Bürgerschaft, die in deren Sinne einen guten Vorschlag für eine erste Fachkonferenz erarbeitet, ein gutes Konzept, ein gutes Programm.



Daran trägt auch die Geschäftsstelle eine Mitschuld. Beispielsweise wurde aus der interessierten Bürgerschaft angeregt, bei der Anmeldung zur Konferenz eine Institution mit anzugeben, die man vertritt. Ein durchaus nützlicher Antrag, trägt doch der Hinweis zu mehr Transparenz in den Diskussionen bei: Auf wissenschaftlichen Präsenzveranstaltungen ist es absolut üblich, dass auf dem Namensschild auch die Institution oder der Arbeitgeber vermerkt ist. Und obwohl dies die „AG Vorbereitung“ durchaus bevorzugte, lehnte die Geschäftsstelle eine solche Auszeichnung mit dem Verweis auf Datenschutz ab.  



Ob auch eine inhaltliche Selbstorganisation vom Gesetzgeber tatsächlich gewünscht ist, wurde spätestens fraglich, als das „Notariat“ auf die Tagesordnung kam: Ziel dieser Einrichtung durch das Bundesamt BASE ist, die strikte Themeneinhaltung durch die Fachkonferenz nach „StandAG“ durchzusetzen. Eine zentrale Frage, mit der wir uns in der „AG Vorbereitung“ beschäftigten, lautete: „Sind die Kriterien, auf denen die Ergebnisse des ‚Zwischenbericht Teilgebiete‘ erzielt wurden, gerecht, zeitgemäß, dem internationalen Sachverstand entsprechend?“ Für uns war klar, dass dieses Thema ganz zentral bei der Suche ist und deshalb einen großen Raum auf der ersten Fachkonferenz einnehmen müsste. Das Bundesamt BASE aber – „da bitte ich um Verständnis“ – drohte mit dem Notariat: Diese Frage sei keine, die zu erörtern wäre.



An solchen Stellen hat sich die „AG Vorbereitung“ durchgesetzt, die Selbstorganisation ist inhaltlich immerhin gelungen. Die vielen hundert Stunden ehrenamtlicher Arbeit haben sich gelohnt, neben einer wissenschaftlichen Erörterung auf der ersten „Fachkonferenz Teilgebiete“ gab es Fachvorträge, die den wissenschaftlichen Sachstand zusammen trugen und so etwa Kommunen, die sich bislang nicht mit dem Thema „Endlager“ beschäftigen mussten, einen guten Einstieg bieten. Zudem haben sich erste Arbeitsgruppen gegründet, die sich etwa mit den Themenkomplexen „Beteiligung und Transparenz“ oder „Planungswissenschaften“ befassen und so dafür sorgen, dass der Suchprozess auch tatsächlich in Gang kommt.



Wie schwierig die Konstruktion zwischen Bundesamt BASE, AG-Vorbereitung und Geschäftsstelle war, zeigte sich drei Tage vor Konferenzbeginn: Wir hatten sogenannte „Side-events“ eingerichtet, Veranstaltungsräume, in denen sich bestimmte Gruppen selbst finden und treffen können – nur eben virtuell. Im Sinne der Selbstorganisation schien uns notwendig, eine Struktur anzubieten, die völlig autark eigene Ideen produziert und sogar so weit gehen kann, das von uns angebotene Programm über den Haufen zu werfen und einen völlig anderen Weg aufzuzeigen. Auch sollten die Arbeitsgruppen im Fishbowl-Format arbeiten können, wenn das gewünscht wird. Drei Tage vor Konferenzbeginn teilte uns die Geschäftsstelle mit, dass die Programmierer dies nicht hinbekommen hätten. Zwei für mich zentrale Elemente in der Selbstorganisation fehlten, weshalb ich anregte, die Fachkonferenz abzusagen.



Sie fand dann doch statt und begann mit einer Entschuldigung. Wir, die „AG Vorbereitung“ mussten uns dafür entschuldigen, dass die Dienstleister, die von der Geschäftsstelle vertraglich verpflichtet worden waren, nicht den geforderten Job abgeliefert hatten und wir uns beispielsweise im virtuellen Raum nicht sehen können.



Eigentlich ein ganz schönes Bild, um den Erfolg der Selbstorganisation zu beschreiben.

Anmerkung: Nick Reimer ist heute froh, dass die erste Fachkonferenz stattgefunden und die neue „AG Vorbereitung“ ihre Position gegenüber der Geschäftsstelle sichtbar gestärkt hat. Er selbst stellte sich nicht wieder zur Wahl, „weil dieses Ehrenamt so viel Zeit kostete, dass ich meinen Job nicht mehr richtig ausüben konnte“, sagt er heute. Reimer arbeitet als Wissenschaftsjournalist und Autor, Anfang Mai erscheint bei Kiepenheuer & Witsch sein neues Buch „Deutschland 2050 – wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“

Hier zusammengefasst seine Empfehlungen für den Prozess der Selbstorganisation:

Die wichtigsten Prozessempfehlungen:

  1. Rolle der Geschäftsstelle
  2. Aufgaben der Politik
  3. Tempo des Prozesses
  4. Durchführung der Wahlen
  5. Finanzierung

  1. Der Geschäftsstelle muss in den Beratungen der „AG Vorbereitung“ das Rederecht entzogen werden. Aufgabe der AG ist schließlich Ideen zu kreieren, wie das Suchverfahren transparent, basisdemokratisch, wissenschaftsbasiert gestaltet werden kann. Argumente wie „das geht nicht“ befördern diesen Prozess nicht, sie zerstören ihn. (Was nicht bedeutet, dass die Vorbereiter:innen nicht mit „ihrer“ Geschäftsstelle über die Ideen reden sollen, aber erst, wenn sie zu Ende gedacht und formuliert sind.) Die Geschäftsstelle muss so umgestaltet werden, dass sie nicht länger als Bremser und Begrenzer, sondern als Ermöglicher und Beförderer von zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation wirken kann.
  2. Die Politik darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Wenn die Fachkonferenz zu einem Punkt kommt, der für die Transparenz und Wissenschaftlichkeit im Suchverfahren wichtig, aber vom StandAG nicht gedeckt ist, so muss es zwischen Fachpolitik und der Fachkonferenz (oder AG Vorbereitung) Gespräche geben, die im gut begründeten Fall eine Gesetzesänderung nach sich ziehen. So lange es diese Rückkopplung nicht gibt, bleibt das System der Fachkonferenzen ein zahnloser Tiger.
  3. Zeit darf kein limitierender Faktor mehr sein. Wenn die vom Gesetzgeber gewünschte Selbstorganisation ernst gemeint ist, darf nicht mehr der nächste (von dem BASE gebuchte) Veranstaltungstermin das Tempo des Prozesses bestimmen, Tempogeber muss vielmehr der Fortschritt der Selbstorganisation sein. Zumal in Pandemie-Zeiten: Hier ist stets ein Probelauf mit einzuplanen, um zu garantieren, dass die bereitgestellte Kommunikationstechnik auch das liefert, was erforderlich ist.
  4. Wahlen auf den Fachkonferenzen muss mehr Sorgfalt gewidmet werden. Bereits die erste Wahl einer „AG Vorbereitung“ war heftig kritisiert worden, unter anderem vom „Nationalen Begleitgremium“: der Ablauf wurde als „nicht klar und transparent“ eingeschätzt. Auch bei der Wahl der „Zweiten AG Vorbereitung“ gab es Unregelmäßigkeiten: Durch Absprachen zur Wahl im Vorfeld sicherten sich bayrische Kommunen ein überproportionales Gewicht im Gremium (taz). Faire, transparente Wahlen sind aber der Grundstein für die Selbstorganisation.
  5. So richtig die Tatsache ist, dass Selbstorganisation ehrenamtlich betrieben wird, so wichtig ist es, sie mit Finanzmitteln auszustatten. Einerseits muss die „AG Vorbereitung“ in die Lage versetzt werden, sich selbstbestimmt externen Sachverstand, Gutachten oder andere Dienstleistungen an Bord zu holen. Andererseits muss sie in Härtefällen ihren Mitgliedern eine Aufwandsentschädigung anbieten können – denn Selbstorganisation erfordert sehr viel Zeit (gerade in der Pandemie.)