Von Oppen wünscht sich eine angelsächsische Debattenkultur in der Endlagersuche und sieht Politik und Wissenschaft in der Pflicht. In diesem Beitrag erzählt sie, wie sie sich das vorstellt.
„Der Wissenschaft räume ich einen breiten Raum im Endlagersuchprozess ein“, sagt Asta von Oppen. Sie ist seit Jahrzehnten in der Anti-Atomkraft-Bewegung aktiv. „Allerdings darf es keine Einengung auf technische Fragen geben. Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen müssen inter- und transdisziplinär zusammenarbeiten.“ Mehrere zentrale Aufgaben schreibt sie den Naturwissenschaften im Prozess zu: technische Voraussetzungen und Grundlagen für ein Endlager erforschen sowie die Ergebnisse zur Verfügung stellen. „Wissenschaft muss hier auch Wissenschaftskommunikation betreiben. Sie muss die Ergebnisse aufbereiten und vermitteln. Sowohl für andere Disziplinen – Chemiker:innen müssen Geolog:innen verstehen – als auch für Politik und Zivilgesellschaft.“ Wissenschaft sei niemals neutral und unabhängig. Durch Mechanismen wie Peer-Review und Veröffentlichung sei eine gewisse Unabhängigkeit und ein ernsthaftes Bemühen dahingehend gewährleistet, findet sie. „Gerade im Endlagersuchprozess muss Wissenschaft sich auch der öffentlichen Debatte stellen und sich dort bewähren. Es geht um Rede und Gegenrede. Ich wünsche mir eine angelsächsische Debattenkultur“, so von Oppen. Es müsse ein Für und Wider über die drei Wirtsgesteine geben. „Der Vergleich ist wichtig, auch wenn es ein hoher Anspruch an Wissenschaft ist.“ Denn sie ist sich sicher: „Debatten stärken das Vertrauen! Deshalb braucht die Zivilgesellschaft auch eigene Wissenschaftler:innen, um Ergebnisse hinterfragen zu können.“ Auch diese müssten sich der kritischen Debatte unterziehen. Damit Forschung kritisch und vielfältig sein kann, fordert sie, dass Forschungsgelder transparent vergeben werden und insbesondere junge Wissenschaftler:innen nicht nur Zeitverträge bekommen.
Empowerment und Enabling durch die Politik
Für die kritische Öffentlichkeit spiele Wissenschaft eine entscheidende Rolle: „Die Zivilgesellschaft sei Wächterin und Treiberin des Verfahrens und der Wissenschaft. Die Fehlentwicklungen bei Gorleben seien meist von der Bevölkerung aufgedeckt worden. Der Atomausstieg habe zwar dazu geführt, dass das Engagement im Atombereich nachgelassen habe, sobald es jedoch mehr Betroffenheit gebe, werde Citizen Science auch in der Endlagersuche eine größere Rolle zukommen.
Eine „ganz hohe Verantwortung“, so von Oppen, habe Politik im Verfahren: „Sie muss die Zivilgesellschaft unterstützen, sodass sie als Mitwirkende im Verfahren auftreten kann. Es geht um Empowerment und Enabling.“ Außerdem müsse Politik verhindern, dass Partikularinteressen in den Vordergrund rückten. Vor allem habe Politik die Entscheidungsverantwortung, weil Politiker:innen auf Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Standort entscheiden. „Die Entscheidung liegt letztlich beim Parlament, da diese Verantwortung nur die Politik tragen kann“, erklärt sie.